Knapp 1500 russische Kriegsgefangene und Zwangsarbeiter mussten im Ersten Weltkrieg hier die schweren Arbeiten verrichten. 143 Menschen kamen in dieser Zeit ums Leben. Aber hiermit der Schande noch nicht genug. Auch im Zweiten Weltkrieg mussten über 12.000 Menschen hier Zwangsarbeit verrichten. 261 dieser Zwangsarbeiter ließen in der Hütte ihr Leben.
Auch diesem dunklen Kapitel der Geschichte ist in der Völklinger Hütte ein Andenken gewidmet. Mit einer Dauerinstallation schuf der französische Weltkünstler Christian Boltanski einen Erinnerungsort. Als Besucher ist man zuerst etwas irritiert, was die unzähligen Blechboxen mit Nummern darstellen. Man geht zwischen den hoch aufgestapelten Boxen eine enge und nur spärlich beleuchtete Gasse entlang und landet an einem aufgetürmten Haufen schwarzer Kleidung, aus Lautsprechern hört man im Flüsterton Namen der Opfer. Wie ich finde, eine gelungene Installation um innezuhalten und der Opfer dieser Zeit zu gedenken.
Nach dem Krieg begann in der Völklinger Hütte ein Aufschwung. Die Nachfrage nach Eisen war enorm. Die Hütte stand unter französischer Verwaltung und erst im Jahr 1956 - als das Saarland zu Deutschland zurückkehrte - bekamen die alten Besitzer den Betrieb zurück.
Die weltweite Stahlkrise im Jahr 1975 setzte auch der Völklinger Hütte mit ihren fast 17.000 Beschäftigten zu. Fusionen retteten aber letztlich den Standort - zumindest noch eine Weile. Zuletzt entstand 1986 die Saarstahl Völklingen GmbH, welche aber auch der sich weiter verschärfenden Krise nicht standhalten konnte. Etwa 8500 Arbeitsplätze mussten abgebaut werden. Am 4. Juli 1986 kam dann nach über 100 Jahren das endgültige Aus für Völklinger Hütte.
Aber ganz so "Aus" war es dann doch nicht mit dem Standort. Die alten Anlagen und Gebäude wurden zum Denkmal. 1994 dann erfolgte die Ernennung zum UNESCO Weltkulturerbe.
Die gesamte Geschichte der Völklinger Hütte könnt ihr auf der wirklich gut aufbereitete Website nachlesen - Link wie immer unterm Blog. Hier erfahrt ihr auch, welche Anlagen und Verfahren damals zur Eisenhütte gehörten und wie die Arbeitsabläufe von statten gingen.
Die Völklinger Hütte war für mich das bislang wohl größte besuchte "Museum". Fasziniert hat mich, dass hier alles noch so echt wirkte. Also ob bis vor kurzem hier noch gearbeitet wurde, obwohl das Werk ja nun schon 36 Jahre geschlossen ist. Zwischen dem ganzen Stahl und den Maschinen finden sich immer genügend Tafeln, welche sehr gut erklären, wo man sich grad befindet und wofür das damals genutzt wurde.
Auch ein kleines Kino gibt es - geht hinein und schaut Euch den Film an! Wirklich sehr interessant, um die Arbeit der damaligen Zeit zu verstehen.
Nachdem ich im Innenbereich eine ganze Weile zugebracht habe, führte der Weg dann nach draußen. Rückblickend betrachtet, für mich der aufregendste Bereich. Hier geht es nämlich 27 Meter nach oben und es gibt auch hier neben einem tollen Ausblick auf das Gelände jede Menge zu erkunden. Ihr solltet bei einem Besuch also nicht nur gut zu Fuß sein, sondern auch schwindelfrei und halbwegs fit. Für den Aufstieg benötigt ihr einen Helm, den ihr vor Ort bekommt.
Aber nicht nur ein authentisches Museum findet ihr in der Völklinger Hütte vor. Auch Kunst hat hier und da seinen Platz zwischen dem rostigen Stahl gefunden. Bilder, Installationen und auch im Außenbereich ist hier und da ein Objekt zu finden. Sonderausstellungen und Veranstaltungen werden ebenfalls regelmäßig organisiert - hierzu findet ihr ebenfalls Infos auf der Website.
Und wer vom vielen Laufen und Staunen hungrig wird, der findet auch etwas zur Stärkung. Es gibt eine Art Bistro/Café am Eingangsbereich und in weiteren Bereichen Snackautomaten. Wer allerdings wie ich seine Tasche incl. Geld im Schließfach gelassen hat, ärgert sich letztlich, dass er keine Münzen dabeihat. Also merken: Die Automaten möchten keine Zahlung per Handy, sondern kleines hartes Geld. Nichts desto trotz solltet ihr Eure Taschen und Rucksäcke tatsächlich im Schließfach lassen - die belasten nur und die Wegstrecke, die man zurücklegt incl. der vielen Treppen bewältigt sich besser ohne Ballast.
Fazit: Ein tolles Stück Vergangenheit mit echtem Museumcharakter. Ein Besuch macht schlauer und steigert Eure Demut gegenüber Arbeitern in einer Eisenhütte. Ihr werdet das Gelände erst wieder verlassen wollen, wenn ihr das Gefühl habt, alles Spannende auch gesehen zu haben. Alles in allem solltet ihr mindestens 4 Stunden für einen Besuch einplanen - immer wenn ihr denkt ihr seid gleich durch, tut sich was neues Spannendes auf. Auch der 12jährige war recht begeistert von diesem riesigen Werk und hat gut durchgehalten und war immer wieder neugierig, was es als nächstes zu entdecken gibt.
Eingang Völklinger Hütte: GoogleMaps
Parkplatz: GoogleMaps (direkt am Gelände und kostenfrei)
Website: LINK
Eintritt: 17 Euro pro Erwachsenem
(Kinder/Jugendliche/Studenten
frei) - Stand: 10/2022
Tip: Wer Gast in einer Jugendherberge z.B. in Saarbrücken ist, bekommt dort kostenfrei die Saarland Card, mit der man kostenlos die Hütte und viele andere Attraktionen besuchen kann
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