24. Juni 2023

Lost Place - Reichsbahnausbesserungswerk (RAW) Magdeburg Salbke


Salbke ist ein Stadtteil von Magdeburg und befindet sich ganz im Süden der sachsen-anhaltinischen Landeshauptstadt. Hier sind die Reste eines ehemals großen Reichsbahnausbesserungswerkes (RAW) zu finden - und dies ist der wohl bekannteste Lost Place der Stadt.


Teile des ehemaligen RAW stehen heute unter Denkmalschutz und das scheint auch der Grund zu sein, weshalb hier auf dem Gelände doch noch so viel an Bauwerk zu sehen ist.

Ich hab auch wieder den Rundgang im Video festgehalten:

Aber kommen wir erstmal zur Geschichte des Spots: Entstanden ist das Areal als Königliche Eisenbahnhauptwerkstatt Salbke um 1892. Damals war der Ort noch selbständig und gehörte noch nicht zu Magdeburg. Das Werk sollte die Hauptwerkstatt in Buckau entlasten. Nach nur zwei Jahren Bauzeit wurde am 1. Oktober 1895 der Betrieb aufgenommen. Zuerst waren hier um die 100 Arbeiter beschäftigt, später auf Grund immer mehr werdender Züge dann 400 und später um die 1000. Erweiterungen des Werkes erfolgten stetig von 1913 bis 1935.

Gewartet wurden im RAW Güter- und Spezialgüterwagen sowie auch Personenwagen und teilweise auch Lokomotivtender. Während des Ersten Weltkrieges arbeitet im Werk viele Frauen anstelle der zum Kriegsdienst eingezogenen Männer. Nach dem Krieg stieg die Beschäftigtenzahl, aber irgendwann gingen die Aufträge so stark zurück, dass 1920 sogar mal eine vorübergehende Schließung stattfand. Nach 8 Tagen dann wurde wieder geöffnet - mit 600 Arbeitenden weniger.

Als die Reichbahndirektion Magdeburg aufgelöst wurde, stand das Fortbestehen des Werkes um 1931 erneut auf der Kippe. Eine Schließung konnte jedoch abgewendet werden. Allerdings gab es im gleichen Jahr einen Großbrand in der Holzwerkstatt, der zum Glück ohne Übergreifen der Flammen auf andere Gebäude gelöscht werden konnte.

Im Zweiten Weltkrieg arbeiteten wieder mehr Frauen im Werk, da die Männer zum Kriegsdienst eingezogen waren. Auch Zwangsarbeit war zunehmend ein Thema. Eine Zentralschmiede wurde erbaut und auch die Ausbildung wurde erweitert. Letztlich war 1944 das Schienennetz des Werkes um die 35 Kilometer lang und hatte 55 Gleise.

Im Januar 1944 gab es große Schäden infolge eines Luftangriffes. Das Gelände wurde zu 80 Prozent zerstört. Da bei dem Angriff auch die Wasserversorgung beschädigt wurde, konnte die Feuerwehr brennende Gebäude nicht löschen. Doch noch während es Krieg war, wurde mit dem Wiederaufbau begonnen. Im April 1945 dann besetzten US-amerikanische Truppen Salbke und jegliche Tätigkeit im Werk wurde unterbunden.

Nach dem Krieg begannen die Aufräumarbeiten und ziemlich zeitnah auch die Wiederaufnahme der Arbeit mit der Instandsetzung erster Güterwaggons. Stück für Stück ging es wieder aufwärts mit dem Werk und die Aufträge nahmen zu.

Zu DDR-Zeiten wurden dann sogar noch Konsumgüter aus nicht mehr benötigten Abfallprodukten hergestellt, allerdings schien dies nur vorübergehender Natur gewesen zu sein, da die nötige Qualität nicht gehalten werden konnte. Und bis 1990 wurden im Werk auch Gelenkwellen für den Trabant hergestellt.

Nach der politischen Wende im Jahre 1989 reduzierte sich die Belegschaftszahl immer weiter. Allerdings wurde weiter hier gearbeitet und auch in zwei neuen Berufen ausgebildet. Ein neues Funktionsgebäude wurde 1990 erbaut.

Erst 1994 wurde das Werk in die Deutsche Bahn AG eingegliedert. Zu diesem Zeitpunkt waren nur noch 150 Mitarbeitende beschäftigt. Im Jahre 1998 wurde das Werk dann geschlossen und seitdem ist das Gelände ungenutzt und verfällt.

Im März 2012 dann beschloss der Stadtrat Magdeburg, dass eine Bebauungsplanverfahren einzuleiten sei. Es war die Rede davon, hier einen großen Solarpark zu errichten. Getan hat sich in dieser Richtung bis heute aber nichts.



Wer sich das RAW heute anschaut, wird auch den Salbker Wasserturm entdecken - ebenfalls ein historisches Bauwerk, aber nicht betretbar. Er befindet sich direkt an der Siedlung Freundschaftsweg, welche damals für die Arbeiter des RAW entstanden ist.


Die Location ist heute beliebt bei Urbexern und Geocachern. Und ein Vertreter der letztgenannte Fraktion war es auch, der dann im Februar 2013 für eine erneute Erwähnung des RAW in der Presse sorgte. Der Mann wollte nämlich einen Cache suchen und stürzte dabei am Schornstein 22 Meter in die Tiefe. Obwohl er eine Sicherungsleine dabei hatte, so machte ihm wohl ein rostiger Tritt einen Strich durch die Rechnung. Infolge dieses Unfalls wurden mehrere Geocaches auf dem Gelände archiviert - also inaktiv gesetzt.

Die Urbexer halten dem Spot allerdings die Treue. Man gelangt ja auch relativ einfach aufs Gelände und zu erkunden gibt es auf dem großen Areal reichlich. Mittlerweile holt sich die Natur das Terrain zurück und gerade in der große Wagenhalle sieht das toll aus.

Auch die anderen historischen Gebäude sind einen Blick hinein wert. So zum Beispiel die ehemalige Ausbildungsstätte. Das Gebäude ist noch sehr gut erhalten, so dass man bis in die oberste Etage gehen kann.






Aber auch erst später erbaute Gebäude, wie das ehemalige Kühlhaus und direkt daneben die große Kantine, sind immer noch erkundenswert.


Und dann steht da noch ein großer DDR-Plattenbau auf dem Areal. Keine Ahnung, was das mal war, aber auch hier kann man sich gut umsehen.



Natürlich gibt es auch an diesem Lost Place reichlich Graffiti, wobei so ein richtig dolles Kunstwerk ist mir nicht ins Auge gefallen.

Vorsicht ist auf dem gesamten Gelände geboten. Im Freien tun sich doch des Öfteren Löcher im Boden auf und in der Wagenhalle gibt es viele Rinnen und Vertiefungen. In den alten Gebäuden sind die Böden in den Obergeschossen teilweise schon weich. Also kein Spot, den man allein erkunden sollte!

Bekannt geworden ist dieser Lost Place nicht zuletzt durch Fritz Meinecke, der aus Magdeburg stammt und im RAW zahlreiche Videos gedreht hat. Hier war er auch nochmal Anfang 2022 zusammen mit Kai Pflaume - zu sehen auf YouTube unter "FritzMeinecke X EHRENPFLAUME - lost und verliebt in Magdeburg".



1 Kommentar:

  1. À la bonne heure – Hugolinchen war wieder mal dort, wo man auch mal hinwollte. Aber sie hat so erschöpfend aussagefähige Bilder mitgebracht und vor allem dazu einen klugen, noch nirgends anders mit nützlichen Informationen angereicherten Text verfasst, dass man sich zu schämen beginnt, seinerzeit nicht gleiches gesehen, ähnliches so fotografiert und erfahren zu haben. In einem sei jedoch ein Widerspruch angebracht: Im Umfeld des vorgeblich nicht betretbaren Wasserturmes gab es zumindest in meinem Fall am 16. August 2024 freundliche Menschen, die mit dem Erhalt des Areals beschäftigt zu sein schienen, kluge Auskünfte zu allem gaben und bereitwillig das Besteigen ermöglichten. Nur die 3 äußeren und 164 inneren Stufen musste man selbst erklimmen, um bei klarer Sicht mit einem unvergleichlichen Blick über Magdeburg belohnt zu werden.

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